„Klarheit im Tun und ein offenes Ohr“

Nach fast 20 Jahren ist die Amtszeit von Johannes Roller als Ortsvorsteher von Oberjesingen zu Ende. Aus zeitlichen Gründen stellte er sich nicht mehr zur Wahl. Seine Nachfolge hat Tobias Pfander angetreten. Doch still und leise geht Roller nach beinahe zwei Dekaden nicht. Mit einer Feier verabschiedete sich der Ort am Montag – inklusive einiger wohlwollender Grußworte, eigens gedichteter Verse über den Ex-Ortsvorsteher und Musik.

Von Jacqueline Geisel

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Die stellvertretenden Ortsvorsteher Gerd Hähnel (Mitte) und Margit Schneider überreichten dem bisherigen Ortsvorsteher Johannes Roller ein Geschenk GB-Foto: Holom

Die stellvertretenden Ortsvorsteher Gerd Hähnel (Mitte) und Margit Schneider überreichten dem bisherigen Ortsvorsteher Johannes Roller ein Geschenk GB-Foto: Holom

„Es hat sich viel verändert“, befand Oberbürgermeister Thomas Sprißler mit Blick auf Rollers Amtszeit. Mit 19 Jahren in dieser Position sei er der dienstälteste Ortsvorsteher im Stadtgebiet. Im Februar 2000 trat er das Amt an – damals noch als hauptamtlicher Ortsvorsteher. Bei der übernächsten Kommunalwahl 2009 wurde daraus ein Ehrenamt. Da Johannes Roller zum Team der Herrenberger Stadtverwaltung gehört, habe er einen „Spagat“ machen müssen, so Sprißler, was er aber „mit Bravour“ gemeistert habe.

Der Oberbürgermeister warf einen Blick zurück auf große Projekte unter Roller als Ortsvorsteher. Dazu gehörten die Aussegnungshalle, der Farrenstall, das Feuerwehrhaus, die Versorgung mit Betreuungsplätzen und die Feier zu 700 Jahre Oberjesingen. Zum Stabwechsel noch nicht ganz abgeschlossen ist die Erneuerung der Ortsdurchfahrt. Johannes Roller sei bei allen Themen offen gewesen, lobte Sprißler, und habe immer Lösungen gesucht.

Auch die stellvertretende Ortsvorsteherin Margit Schneider richtete einige Worte an die etwa 180 Besucher in der Wasenäckerhalle. Fast 20 Jahre seien eine „verdammt lange Zeit“, fand sie. Das verdiene Anerkennung und Dank. Im Rückblick ließ Schneider einige Projekte noch einmal Revue passieren. Ein „ganz großes Ereignis“ sei die 700-Jahr-Feier gewesen. Der „dringend notwendige Anbau“ am Kindergarten Mahdenstraße konnte eingeweiht werden. Darüber hinaus habe es „viele weitere Themen“ gegeben, die sich nicht in Bauwerken manifestierten. Dazu gehören Lärmaktionsplan, Änderung des Flächennutzungsplans, die Sanierung von Spielplätzen oder auch der Schulwegeplan. „Seit Jahren“, so Schneider, habe das Thema Schuppengebiet den Ortschaftsrat begleitet. Im zu seiner Zeit fertig entwickelten Neubaugebiet Guldenäcker fand Johannes Roller selbst ein Zuhause.

Pfarrer Stephan Bleiholder hat Roller während der gemeinsamen Zeit schätzen gelernt, wie er erzählte. „Sehr bewundernswert“ fand er, wie viel Roller im Hintergrund geleistet und in Bewegung gesetzt habe. Der „kurze Dienstweg“ zu ihm, so Bleiholder, „war Gold wert“. Eine „Klarheit im Tun“ und „ein offenes Ohr“ hätten ihn als Ortsvorsteher ebenso ausgezeichnet wie das Wissen, wo man klare Grenzen ziehen muss.

Johannes Roller habe gezeigt, dass er die Arbeit der Vereine schätzt und unterstützt, meinte Doris Dengler, Vorsitzende der Ortsgemeinschaft Oberjesingen (OGO). Wo immer es ging, sei er dabei gewesen. Dengler beschrieb Roller unter anderem als freundlich, ruhig, offen, sachlich, besonnen und einen Teamplayer. Pfarrer Thomas Cornelius, Doris Dengler, Hans-Michael Birnbaum und Anke Baumann sangen Johannes Roller ein selbst gedichtetes Lied und zeigten dazu einige Bilder, was für so manchen Lacher sorgte.

Johannes Roller war zunächst „platt“ von dem ganzen Lob, wie er selbst sagte. Den Bezug zu Oberjesingen habe er bereits über seinen Großvater gehabt, der am Ort unterrichtete. Seine Frau lernte er in einem Garten in Oberjesingen kennen, und er hatte dort seine erste selbst gemietete Wohnung. Er musste also nicht lange überlegen, als man ihn fragte, ob er Interesse am Posten des Ortsvorstehers hat. Der Diplom-Verwaltungswirt machte seine Ausbildung bei der Stadt Herrenberg und war in dieser Zeit einige Wochen im Kuppinger Bezirksamt. Dabei lernte er den Posten des Ortsvorstehers kennen – und fand ihn „reizvoll“.

„Die wählen mich nicht“
war die Befürchtung

Im Jahr 2000 leitete Roller die Stadtkasse. Heute untersteht ihm das Amt für Familie, Bildung und Soziales. Das Thema Zeit habe ihn daher in den 19 Jahren immer begleitet. Nachdem er sich im Ortschaftsrat vorgestellt hatte, durchlebte Roller erst mal eine schlaflose Nacht. Er dachte: „Die wählen mich nicht.“ Doch sie taten es. In seinem Amt habe ihn immer wieder begeistert, wie sich die Bürger für ihren Ort interessieren. Roller ist stolz, in Oberjesingen zu Hause zu sein. Aus seiner Zeit als Ortsvorsteher blieben ihm „viele schöne Erinnerungen“. Dem Ortschaftsrat und seinem Nachfolger wünschte er alles Gute für die Zukunft.

Dieser Nachfolger ist Tobias Pfander. Der 41-jährige Oberjesinger stellte sich am Montagabend kurz vor. Pfander hat ein duales Studium in BWL absolviert und arbeite in der Möbelbranche. Er lernte die Welt kennen, ehe es ihn 2017 „back to the roots“ zurück nach Oberjesingen verschlug. Die Natur, Unternehmungen mit Menschen und der Posaunenchor zählen zu seinen Hobbys. Schon früh sei in ihm die Begeisterung für Politik gewachsen.

Durch das Programm führten Pfarrer Thomas Cornelius und Pfarrer Stephan Bleiholder. Die beiden neckten sich, scherzten und witzelten über das ein oder andere Thema und sorgten damit für eine lockere und heitere Stimmung. Mehrere musikalische Gruppen gestalteten den Rahmen des Abends. Der Posaunenchor unter Leitung von Heiko Dengler eröffnete und schloss den Abend. Der Gesangverein, geleitet von Ilse Schacht, und der von David Holleber dirigierte Kirchenchor unterhielten mit der Kraft ihrer Stimmen. Für die Verpflegung der Gäste sorgten Feuerwehr und Narrenzunft.

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Erstellt:
2. Oktober 2019

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