Mann aus Nagold stirbt an Folgen von Corona

Die Zahl der Corona-Fälle steigt täglich. Und im Kreis Calw gibt es den ersten Toten: Ein 72 Jahre alter Mann starb an den Folgen seiner Infektion im Calwer Krankenhaus. Um die Notaufnahmen zu entlasten, richtet der Klinikverbund Südwest derweil an allen sechs Häusern Fieberambulanzen ein.

Von Rebekka Groß

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In den Krankenhäusern des Klinikverbunds Südwest werden – wie hier in Sindelfingen – gerade Fieberambulanzen eingerichtetGB-Foto: Dettenmeyer

In den Krankenhäusern des Klinikverbunds Südwest werden – wie hier in Sindelfingen – gerade Fieberambulanzen eingerichtetGB-Foto: Dettenmeyer

In Böblingen und Herrenberg sind die Fieberambulanzen seit gestern in der Testphase, in Sindelfingen soll ab Montag alles eingerichtet sein. Auch in den weiteren Kliniken des Verbunds, in Leonberg, Calw und Nagold, sollen die speziellen Ambulanzen für schwere Corona-Verdachtsfälle in den kommenden Tagen in Betrieb gehen. In der Praxis sollen die Fieberambulanzen so funktionieren, dass Patienten mit schweren Corona-Symptomen wie schwerer Atemnot nicht in die Notaufnahme gelangen, sondern in der Fieberambulanz betreut werden, um so Menschen mit schweren Erkrankungen, die dort besonders häufig anzutreffen sind, zu schützen.

Dafür wurde in Sindelfingen die bisherige Fahrzeughalle, mit Unterstützung von Messebauern umgebaut. „Die Räumlichkeiten sind improvisiert, aber wir sind dankbar, dass wir sie haben“, sagt Dr. Johannes Böer, der Chefarzt der zentralen Notaufnahme am Sindelfinger Krankenhaus. Auch in Böblingen befindet sich die Fieberambulanz in der Wagenhalle. Anders als in Sindelfingen werden dort nicht ausschließlich Erwachsene, sondern auch Kinder behandelt. In Herrenberg dagegen wurde die Cafeteria geschlossen und zur Fieberambulanz umfunktioniert.

Gearbeitet wird bei der Patientenannahme in jeder der sechs Fieberambulanzen nach einem dreistufigen Prinzip, um so im Ernstfall auch für bis zu hundert oder mehr Patienten am Tag gewappnet zu sein:

Stufe 1: Bei der Anmeldung in der Fieberambulanz bekommt der Patient einen Mundschutz und wird in eine der Behandlungskabinen gebracht. Ist sein Zustand kritisch, dann stehen in sechs der neun Kabinen Liegemöglichkeiten bereit. Erst wenn feststeht, dass der Patient stationär aufgenommen werden muss und ein Corona-Verdacht, dann wird direkt in der Fieberambulanz ein Corona-Test durchgeführt. Hat der Patient zwar typische Symptome, aber sein Gesundheitszustand ist stabil, dann wird er an die jeweiligen Testzentren der Gesundheitsämter verwiesen. „Die Fieberambulanzen ersetzen in keinster Weise die Testzentren. Wir testen hier nicht bei bloßem Corona-Verdacht, sondern nur bei schweren Symptomen, die einen stationären Aufenthalt erfordern“, sagt Dr. Johannes Böer. Der dringende Appell der Kliniken an die Bevölkerung ist daher, nur bei absoluten Notfällen die Fieberambulanzen aufzusuchen.

Stufe 2: Bis das Testergebnis vorliegt, werden die Patienten auf die sogenannten Decision Units gebracht. Bis zu zehn Patienten können dort in separaten Räumen liegen.

Stufe 3: Liegt schließlich das Testergebnis vor und der Patient ist positiv, wird er auf die Isolationsstation verlegt. Je nach Symptomen können in den dort vorgehaltenen zehn Zimmern je zwei Personen untergebracht werden. Ist der Patient sehr schwer erkrankt, wird er auf die Intermediate-Care- oder die Intensiv-Station verlegt.

„Umso flacher der Anstieg der Infektionen verläuft, umso besser können wir es stemmen“, sagt Dr. Jörg Noetzel, der Geschäftsführer des Klinikverbunds Südwest. „Aber wir sehen schon jetzt, dass die Zahl der stationären Corona-Fälle steigt, und bereiten uns daher auf alles vor.“

Parallel bereiten sich die Kliniken im Verbund darauf vor, auch in Sachen Personal auf mögliche steigende Patientenzahlen vorbereitet zu sein. So stocken etwa die bereits vorhandenen Mitarbeiter ihren Arbeitsumfang auf. Außerdem gibt es derzeit einen Urlaubsstopp für das Personal. Auch laufen Anfragen bei Mitarbeitern in Elternzeit oder in Rente. „Wir sind auf jeden Mitarbeiter angewiesen“, sagt Gerald Tomenendal, der Regionaldirektor für Sindelfingen-Böblingen beim Klinikverbund. Da für die Intensivstationen speziell ausgebildetes Personal notwendig ist, werden den eigenen Mitarbeitern Zusatzqualifikationen angeboten.

Auch Freiwillige melden
sich zur Mitarbeit

Neben Medizinstudenten, die im Falle von Engpässen auch eingesetzt werden sollen, melden sich tagtäglich auch aus der Bevölkerung Freiwillige zur Mitarbeit. Besonderer Bedarf bestehe vor allem an Reinigungs- und Sicherheitspersonal, heißt es vonseiten der Klinik. Spezielle Vorkenntnisse sind nicht notwendig, da die neuen Mitarbeiter im Haus geschult werden.

Auch wenn sich die Kliniken auf schwere Zeiten vorbereiten, gibt es auch Lichtblicke. „Unter dem Klinikpersonal gibt es einen unheimlichen Zusammenhalt. Die Mitarbeiter sind extrem engagiert und das macht in einer so schweren Situation Mut“, so Dr. Noetzel. „Wir hoffen daher sehr, dass die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus beitragen und jeder Einzelne aus der Bevölkerung auch seinen Teil dazu beiträgt.“

Über den ersten Todesfall infolge einer Coronavirus-Infektion informierte das Calwer Landratsamt am späten Freitagabend. Der 72-jährige Mann aus Nagold wurde am 10. März 2020 in einem kritischen Zustand in das Krankenhaus in Calw eingeliefert. Dort wurde er anschließend zehn Tage intensivmedizinisch behandelt. Im Kreis Böblingen gibt es 125 positiv-getestete Erkrankte.

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Erstellt:
21. März 2020

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