Mundart, Witz und Lobpreis begeistern

Weltliches und Geistliches – zwei unvereinbare Gegensätze? Nicht beim Liederkranz Deckenpfronn! Mit ihrem Jubiläums-Abschlusskonzert in der Nikolauskirche lieferten die Chöre den Beweis, dass Lobpreis, gepaart mit schwäbischer Mundart, Witz und einer Ode auf des Schwaben liebstes Gefährt ein volles Kirchle und glückliche Zuhörer beschert.

Von Nadine Dürr

Lesedauer: ca. 2min 44sec
In Deckenpfronn steht das Männer-Chorwesen noch in voller Blüte GB-Foto: Schmidt

In Deckenpfronn steht das Männer-Chorwesen noch in voller Blüte GB-Foto: Schmidt

„Dies ist ein großer Tag“, sangen Stammchor und Choract, begleitet vom Posaunenchor, zur Einstimmung. Und in der Tat: Wer nicht dabei war bei diesem Kirchenkonzert, der hat eindeutig etwas verpasst. Denn die Chöre wussten nicht nur sanftmütig und sichtlich ergriffen Mendelssohn Bartholdys „Alles was Odem hat“ und Stallmanns „Ehre sei Gott“ zu intonieren, Chorleiter Martin Falk schneiderte seinen Sängern auch so eigenwillige wie wagemutige Chorliteratur auf den Leib. Und die fiel bei den sangesfreudigen Mannen auf wahrlich fruchtbaren Boden.

Eine derart von Herzen kommende Freude am Ton ließ das Publikum nicht ungerührt, das sich nur allzu bereitwillig vom Enthusiasmus der Chöre anstecken ließ. Wo sonst hätte man auch schon mal gehört, wie sich die Beatles bei ihrer imaginierten Liebsten treuherzig erkundigen: „Mädle, kaasch du mi leida? Willsch bei mir bleiba?“ Oder der Gospelklassiker „O happy day“, vom Projektchor „Choract“ vorgetragen mit so viel Verve, dass im Kirchenschiff die Finger zu schnipsen begannen. „So senga – des duad dr en’d Seel’ nei guad“, meinte Mundart-Pfarrer Manfred Mergel und verortete die Musik ganz nah am Evangelium. Denn: „Aus einem traurigen Menschen kann sie einen fröhlichen Menschen machen.“ Ein bissle Talent, fand Mergel, bedürfe es allerdings scho, sonst ergehe es einem womöglich wie jenem Badenser, der sich in einem Musikalienladen in ein „Akkordeon“ verliebte. „Den Feierlöschr“, habe der verstörte Händler entgegnet, „verkauf’ i Eana, aber der Heizkörper bleibt do.“

Auch der Posaunenchor war mit von der Partie, steuerte unter dem Dirigat von David Holleber Verdis berühmte Ouvertüre „Nabucco“ und die mit hübschen Ornamenten angereicherten Variationen zu „Aufm Wasa grasat Hasa“ bei. Die Bläser Vanja Lutz und Wolfgang Zimpfer legten zur „Rumba del Camino“ sogar ein kleines Tänzchen aufs Parkett! Emotional wurde es dann mit dem Gospel-Stück „Breathe“ und dem mit Tonartwechseln auf die Klimax zusteuernden Worship-Hit „You raise me up“. Bei dem Händchen, das Chorleiter Falk in puncto Literaturauswahl besaß, ließ sich der Höhepunkt des Abends nur schwerlich ausmachen. Ein heißer Anwärter auf den Titel dürfte aber das südafrikanische Volkslied „Shosholoza“ sein. Heimatverbunden und zugleich weltoffen, dichteten Stammchor und Choract die mitreißende Miniatur in eine unkonventionelle Liebeserklärung um. Ganz aus dem Häuschen war das Publikum, als da eine quicklebendige Hymne auf den eigenen Flecken ertönte: „Oh mei Däggapfronn“.

„I fahr Daimler,
d’ Strooß‘ g’hert mir!“

Die kreative Ader der Chöre war damit aber bei weitem noch nicht erschöpft: Mit einer Art Mundart-Beatbox peppte der Stammchor das Volkslied „Uff dr schwäbischa Eisabahna“ auf. Und dann wäre da noch die vielbeklatschte Humoreske schwäbischer Art: „I fahr Daimler, d’ Strooß‘ g’hert mir!“ Vorfahrt fürs Schwäbische – mit dieser Strategie traf der Liederkranz bei seinem Publikum ins Schwarze. Und es setzte noch einen drauf. Zum Finale – Udo Jürgens’ „Ich glaube“ – wurde es eng im Altarraum: Ausnahmsweise durften im Jubiläumsjahr auch mal die Damen das Wort erheben. Und es dauerte nicht lange, da ölte auch das Publikum fleißig die Stimmbänder, um bei Leonard Cohens „Hallelujah“-Zugabe in den Chorgesang mit einzustimmen.

Eines jedenfalls machte dieses durch und durch gelungene Abschlusskonzert zum 175. Geburtstag des Liederkranzes deutlich: In Deckenpfronn steht es in voller Blüte, das Männer-Chorwesen! Die Ankündigung Rainer Stoppers, man wolle das Publikum auch künftig mit „lockerer Unterhaltung zum Lachen bringen“, hörte man gern.

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Erstellt:
31. Dezember 2019

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