Nicolas Ruß wandelt auf den Spuren seines Vaters

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Nicolas Ruß stürzt sich als Torwart ohne Angst ins Getümmel GB-Foto (Archiv): Vecsey

Nicolas Ruß stürzt sich als Torwart ohne Angst ins Getümmel GB-Foto (Archiv): Vecsey

Nicht selten streben Kinder eine ähnliche berufliche Laufbahn wie die Eltern an. Beim VfL Oberjettingen hat sich Nicolas Ruß bereits vor zwei Jahren aufgemacht, in die großen Fußstapfen seines Vaters Marcus – ohne Wenn und Aber eine der Legenden des Oberjettinger Fußballs – zu treten. Ob er sie allerdings jemals ausfüllen wird, wissen sowohl der Sohnemann als auch der Vater nicht. „Nicolas ist talentiert, aber ich habe 667 Spiele für den VfL absolviert, und an dieser Zahl wird er definitiv zu knabbern haben“, kann sich Marcus Ruß (GB-Foto/Archiv: Vecsey) ein Grinsen nicht verkneifen. „Wenn er das schaffen will, muss er richtig ranklotzen.“

Als Torwart kann man im Vergleich zu den Feldspielern durchaus ein paar Karrierejahre mehr einplanen, immer vorausgesetzt man bleibt gesund. Und mit seinen erst 19 Jahren hat sich Nicolas Ruß bereits den Stammplatz im Tor des A-Ligisten gesichert. Man könnte geneigt sein, da Marcus Ruß nebst seiner Position als Abteilungsleiter auch noch Torwarttrainer beim VfL ist, zu glauben, dass der Filius genau dadurch auch die Nummer eins geworden ist. Genau das will sich der Vater aber auf keinen Fall nachsagen lassen: „In diesem Fall blende ich aus, dass Nicolas mein Sohn ist. Er muss sich jede Woche aufs Neue beweisen. Das letzte Wort diesbezüglich hat eh unser Spielertrainer Daniel Pilarski. Den Vorzug bekommt Nicolas vor Volker Flister bislang einzig und allein aufgrund seiner fußballerischen Qualitäten.“

Die hat sich der 19-Jährige in fünf Jugendjahren beim TuS Ergenzingen angeeignet. Ab den C-Junioren hütete er dort das Tor und kehrte erst im zweiten A-Jugend-Jahr nach Oberjettingen zurück. „Mir hat mein VfL gefehlt“, erinnert sich Nicolas Ruß zurück. „Und da auch noch mein Vater als Torwarttrainer wartete, wollte ich unbedingt zurück. Von ihm habe ich viel gelernt, er stand mir immer mit Rat und Tat zur Seite.“

Erinnern kann sich Nicolas Ruß an die Spiele seines Vaters nur vage. Die Geschichten, die über Marcus Ruß und die „Goldene Generation“ des Oberjettinger Fußballs kursieren, kennt er dennoch in- und auswendig. In der Saison 1995/96 gelang unter Trainer Roland Scheurenbrand der erstmalige und bis heute einzige Aufstieg in die Bezirksliga und läutete damit die erfolgreichste Ära der VfL-Kicker ein. Im ersten Jahr konnten sich die Oberjettinger im Bezirksoberhaus halten, ehe es wieder zurück in die Kreisliga A ging. In den folgenden beiden Jahren scheiterten die Oberjettinger jeweils in der Relegation. „Das waren schöne Jahre“, erinnert sich Marcus Ruß an Mitspieler wie Klaus Hanselmann, Harald Seeger, Alexander Steinborn, Wolfgang Kaiser, Mathias Dengler oder die Ruff-Brüder Volker, Andreas und Jürgen. „Eine Mannschaft voller Eigengewächse. Lediglich Horst Wittig kam aus Bondorf dazu, der aber schnell in Oberjettingen geheiratet hat und immer noch hier lebt.“

So gerne Marcus Ruß auch in diesen erfolgreichen Erinnerungen schwelgt, das Tagesgeschäft verliert der Oberjettinger Fußballchef nie aus den Augen. Den VfL hat er in den vergangenen Jahren mit akribischer Arbeit und Weitsicht wieder zu einer Hausnummer im Gäu gemacht – und erkennt dabei auch viele Parallelen zur goldenen Generation. „Vielleicht ist in absehbarer Zeit wieder ein Ausflug in die Bezirksliga drin“, sagt Marcus Ruß fast schon flüsternd, um ja keinen unnötigen Druck auf seine Mannschaft auszuüben. Muss er aber gar nicht, denn mit Tabellenplatz drei in der vergangenen Saison hat der VfL bis kurz vor dem Saisonende um die Fleischtöpfe gespielt. „Wären wir nicht vom Verletzungspech gebeutelt gewesen, hätte es klappen können.“

Was nicht ist, kann ja noch werden, sagt sich auch Nicolas Ruß, der – wie auch sein drei Jahre älterer Bruder Yannick, seines Zeichens Torjäger der Oberjettinger – nur allzu gerne dem Vater auch in puncto Erfolge nacheifern würde. „Die Bezirksliga ist ein Traum von uns“, sagt der 19-Jährige. „Die Mannschaft dafür haben wir. Es darf sich aber nur keiner verletzen.“ Viel Verantwortung lastet dabei auch auf der Oberjettinger Nummer eins. Zumal mit Volker Flister der Routinier Gewehr bei Fuß steht. Das weiß Nicolas Ruß: „Sollte ich patzen, wäre ich draußen. Das Gute ist bei uns beiden aber, dass wir uns gegenseitig antreiben und der eine den anderen auch schätzt.“ Das Verhältnis seiner beiden Torhüter findet auch Marcus Ruß sehr bemerkenswert. „Der Konkurrenzkampf zwischen Nicolas und Volker ist brutal, aber immer fair und ehrlich.“ Und als Abteilungsleiter muss Marcus Ruß das große Ganze im Auge haben. Im Grunde muss es ihm herzlich egal sein, wer im Tor steht – solange die Ergebnisse stimmen. Dass er dennoch stolz auf den Werdegang seiner Söhne ist, kann er aber nicht verhehlen. „Seit Nicolas laufen kann, hat er Torwarthandschuhe angehabt. Er hat nie Angst gehabt vor dem Ball, was auch Yannick zu spüren bekommen hat. So konnten die beiden von klein auf immer miteinander trainieren. Mal sehen, was sie gemeinsam noch alles auf die Beine stellen können.“ EDIP ZVIZDIÇ

Der VfL Oberjettingen empfängt am Sonntag in der Kreisliga A2 um 15 Uhr den TSV Kuppingen. Alle Begegnungen der Liga gibt es unter der Rubrik „Sporttermine am Wochenende“.

Marcus Ruß

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Erstellt:
13. September 2019

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