Notfallpraxis teils geschlossen

Herrenberg: Medizinische Versorgungseinrichtung ist wegen eines Urteils des Bundessozialgerichts ab sofort nur noch an Wochenenden und Feiertagen offen.

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Eingangsbereich des Herrenberger Krankenhauses. GB-Foto (Archiv): gb

Eingangsbereich des Herrenberger Krankenhauses. GB-Foto (Archiv): gb

Vor dem Hintergrund eines Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) muss die Notfallpraxis Herrenberg vorübergehend am Freitag schließen, wie die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg per Presseerklärung mitteilt. Sie hat demnach ab sofort nur noch am Wochenende und an Feiertagen geöffnet. Die neuen Öffnungszeiten gelten vom heutigen Mittwoch, 25. Oktober, an: Freitag geschlossen, Samstag, Sonntag und Feiertag geöffnet von 10 Uhr bis 16 Uhr.

Das Bundessozialgericht (BSG) habe gestern entschieden, dass ein Zahnarzt, der als sogenannter „Pool-Arzt“ im Notfalldienst der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg tätig ist, aufgrund dieser Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterliege. Diese Entscheidung habe auch weitreichende Auswirkungen auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst der KVBW. Sie reagiere darauf mit einem ab sofort wirksamen Notfallplan.

Bisher übernahmen rund 3000 Poolärzte freiwillig Dienste im ärztlichen Bereitschaftsdienst. Sie spielen für die Versorgungsstruktur eine wesentliche Rolle. Etwa 40 Prozent aller Dienste in den 115 Notfallpraxen und für die medizinisch erforderlichen dringenden Hausbesuche wurden bis heute von den Poolärzten geleistet.

Laut Pressemitteilung des BSG führt allein die Teilnahme am vertragszahnärztlichen Notdienst nicht automatisch zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Wegen der Eingliederung in die von der KVBW organisierten Abläufe war der klagende Zahnarzt abhängig beschäftigt. Auf die organisatorischen Abläufe hatte er demnach „keinen entscheidenden, erst recht keinen unternehmerischen Einfluss“. Er fand eine von dritter Seite organisierte Struktur vor, in der er sich fremdbestimmt einfügte. Allein die freie und eigenverantwortliche Tätigkeit rechtfertigt keine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht.

Urteil zwinge dazu, die „Notbremse“ zu ziehen

Da der Bereitschaftsdienst der KVBW in seiner Organisationsstruktur wesentliche Ähnlichkeiten mit deren zahnärztlichem Bereitschaftsdienst aufweist, ist die Entscheidung übertragbar. Das bestehende System des ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Baden-Württemberg kann daher in der bisherigen Form nicht weitergeführt werden. „Das Urteil zwingt uns, eine Notbremse zu ziehen und sofortige Maßnahmen zu ergreifen. Das heißt, dass wir heute mit sofortiger Wirkung die Tätigkeit der Poolärztinnen und Poolärzte im ärztlichen Bereitschaftsdienst beenden“, erklären die KVBW-Vorstände Dr. Karsten Braun und Dr. Doris Reinhardt.

Der Wegfall der Poolärzte kann nicht auf die Schnelle kompensiert werden, so dass in der Zeit der „Notbremse“ die Zahl der Notfallpraxen und Fahrdienste reduziert werden muss. „Selbstverständlich stellen wir den Ärztlichen Bereitschaftsdienst als KVBW weiterhin sicher. Den bisherigen Umfang des ärztlichen Bereitschaftsdienstes können wir allerdings allein mit unseren niedergelassenen Vertragsärztinnen und -ärzten nicht stemmen, denn parallel müssen wir auch die Regelversorgung sicherstellen. Das ist schwierig genug, denn aktuell sind rund 1000 Arztsitze in Baden-Württemberg nicht besetzt“, beschreibt Dr. Doris Reinhardt die angespannte Lage. Die KVBW muss daher vorübergehend die Struktur im ärztlichen Bereitschaftsdienst einschränken.

Keine Veränderungen gibt es bei den gebietsärztlich organisierten Diensten wie etwa dem augenärztlichen und HNO-Notfalldienst. „Auch die Kindernotfallpraxen bleiben weiterhin bestehen, hier gibt es keine Schließungen und nur marginal reduzierte Öffnungszeiten“, betont Reinhardt. Die Auswahl der Notfallpraxen, die geschlossen werden, erfolgte nach verschiedenen Kriterien. Dazu zählen die Ausweichmöglichkeit auf andere nahe gelegene Notfallpraxen sowie die Inanspruchnahme. „Wir haben darauf geachtet, dass die Patientinnen und Patienten weiterhin gut versorgt sind und die Möglichkeit haben, innerhalb vertretbarer Zeit benachbarte Notfallpraxen zu erreichen“, so Reinhardt.

Weitere Informationen der KVBW unter www.kvbawue.de

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Erstellt:
24. Oktober 2023

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