Sachschaden liegt bei über 15 Millionen Euro

Bei dem Großbrand in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in der Vergärungsanlage Leonberg ist die Einrichtung so gut wie vollständig zerstört worden. Dabei sei ein Sachschaden von zwischen 15 und 20 Millionen Euro entstanden, wie Landrat Roland Bernhard bei einer Pressekonferenz mitteilte. Derzeit geht die Kriminalpolizei nicht von Brandstiftung aus.

Von Matthias Staber

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Über 200 Einsatzkräfte aus dem Kreis und den Nachbarkreisen waren beim Brand in der Kompostieranlage in Leonberg in der Nacht auf den gestrigen Mittwoch im Einsatz GB-Foto: SDMG/Dettenmeyer

Über 200 Einsatzkräfte aus dem Kreis und den Nachbarkreisen waren beim Brand in der Kompostieranlage in Leonberg in der Nacht auf den gestrigen Mittwoch im Einsatz GB-Foto: SDMG/Dettenmeyer

„Wir hatten riesiges Glück, dass es mit ein paar Abschürfungen nur leichte Verletzungen gab“, zieht Wolfgang Zimmermann, Kommandant der Leonberger Feuerwehr, Bilanz nach dem Einsatz mit über 200 Einsatzkräften. Denn ständig austretendes Biogas verursachte während des über zwölf Stunden dauernden Einsatzes mehrere Explosionen, darunter „eine richtig große mit einem 50 Meter hohen Feuerball“, so Zimmermann.

Nur der Fermenter und das Blockheizkraftwerk der Vergärungsanlage bleiben einigermaßen unbeschädigt, „alles andere ist abgebrannt“, sagt der Hausherr, Böblingens Landrat Roland Bernhard, bei der Pressekonferenz: „Wir sind alle noch geschockt. Wir gingen bislang davon aus, dass es sich um eine sehr sichere Anlage handelt.“

Kurz nach 2 Uhr wird die Feuerwehr in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch von der Bevölkerung alarmiert. Der Brandmelder hatte nicht ausgelöst. „Wir gehen davon aus, dass gleich zu Beginn des Feuers der Strom ausfiel und der Brandmelder deswegen nicht funktionierte“, sagt Werkleiter Wolfgang Bagin. Sieben Minuten nach der Alarmierung treffen die ersten Einsatzkräfte ein. Weil sich ohne Strom das Tor zum Gelände nicht öffnen lässt, müssen sich die Feuerwehrleute mit einem Trennschneider Zugang verschaffen.

„Zu diesem Zeitpunkt muss das Feuer schon länger gebrannt haben“, vermutet Einsatzleiter Wolfgang Zimmermann, der zunächst „von einem kleinen Brand der Stufe 1“ ausgegangen war – dem jedoch schnell die Dimension der Katastrophe deutlich wird: „Man sah schon von weitem einen riesigen Feuerball am Horizont.“ Dass die Anlage nicht zu halten war, sei schnell klar gewesen, so Zimmermann: „Wir konnten nur das weitere Ausbreiten des Feuers verhindern.“ Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn spricht vom „größten Brand auf Leonberger Markung seit 15 Jahren. Für die Bevölkerung bestand jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr“.

36 000 Tonnen Biomüll wurden bislang pro Jahr in die Vergärungsanlage Leonberg geliefert, um diesen in Methangas umzuwandeln. Wie gefährlich dieses leicht entflammbare Gas ist, wird während des Einsatzes deutlich: Kontinuierlich strömt das Gas aus der Leitung, die es vom Fermenter in den Gasballon liefert. Das weitere Vorgehen koordiniert deswegen Wolfgang Räth, Experte für Biogas-Anlagen der Feuerwehr Ravensburg.

Mit einer sogenannten Notfackel brennen die Einsatzkräfte das Gas direkt am Leck der Leitung ab, wobei ein Metall-trichter die Strömung des Gases kontrolliert. „Derzeit arbeiten wir daran, das Gas auf die in der Anlage fest verbaute Notfallfackel umzuleiten“, so Wolfgang Räth. Voraussichtlich ein bis zwei Wochen wird das Gas noch brennen – so lange braucht es, bis der restliche Biomüll im Fermenter umgewandelt ist.

Die Hitze und Zerstörungswut des Feuers und der Explosionen sind riesig: Der Gasballon schmilzt, Fenster auch weit entfernt vom Brandherd bersten, die rund 200 Meter lange Aufbereitungsanlage brennt vollständig ab. 164 Feuerwehrleute, 14 Polizeibeamte, 26 Helfer vom Deutschen Roten Kreuz, sechs Mitarbeiter des Medizinischen Notfallvorsorgedienstes und zehn Kräfte vom Technischen Hilfswerk werden benötigt.

    Die genaue Brandursache ist derzeit unklar: „Noch können wir den Brandort nicht begehen“, sagt Mathias Bölle von der Kriminalpolizei Böblingen: „Es gibt jedoch bislang keine Hinweise auf eine fahrlässige oder gar vorsätzliche Brandlegung.“ Der Großbrand habe also voraussichtlich eine technische Ursache. Laut Feuerwehr ist das Feuer vermutlich in der Aufbereitungsanlage ausgebrochen.

Auf den Gebührenzahler werde der Brand voraussichtlich keine Auswirkungen haben, sagt Landrat Bernhard: „Unsere Versicherung ist bereits informiert.“ 20 000 Tonnen des bislang jährlich in der Leonberger Anlage verwerteten Biomülls werde der Landkreis Esslingen abnehmen, so Bernhard. Mit den Betreibern weiterer Anlagen sei man im Gespräch.

Fest stehe, dass die Leonberger Anlage wieder aufgebaut werden soll, so Bernhard: „Dafür werden wir die Planung für eine zweite Vergärungsstufe noch einmal neu aufsetzen.“

Die Anlage ist fast vollständig vom Feuer zerstört worden GB-Foto: Matthias Staber

Die Anlage ist fast vollständig vom Feuer zerstört worden GB-Foto: Matthias Staber

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Erstellt:
12. September 2019

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