Selbsteinschätzung ist etwas verloren gegangen

Seit ein paar Tagen ist Marc Bühler etwas beruhigt: Beim VfL geht es in die richtige Richtung GB-Foto: Vecsey
Irgendwann kommt man ins Grübeln. Dann, wenn man seinen Sport ernsthaft betreibt, wenn man sich selbst reflektiert, sich schlicht Gedanken darüber macht, warum es nicht läuft. Bei Marc Bühler ist das der Fall. Der spielende Co-Trainer des Bezirksligisten VfL Herrenberg hinterfragt seine Leistung – ob als Spieler oder als Trainer. „Man überlegt sich, was habe ich eigentlich verbrochen“, sagt der 27-Jährige, der in den vergangenen Jahren sportliche Rückschläge hinnehmen musste: Mit dem VfL Nagold stieg er aus der Verbandsliga ab, seine erste Station als Spielertrainer bei den SF Salzstetten in der vergangenen Saison verlief durchwachsen, und nun mit dem VfL Herrenberg kassierte er eine Niederlage in den Punktspielen nach der anderen. Immerhin: Zuletzt holte Herrenberg in zwei Begegnungen vier Punkte, am Mittwoch beim VfL Stammheim gelang mit 4:3 der erste Sieg. In beiden Partien steuerte Bühler jeweils einen Treffer bei.
Geht es also aufwärts? „Wir haben noch gar nichts gewonnen“, meint Marc Bühler, das Team habe durch die Ergebnisse zuletzt allerdings Selbstvertrauen getankt. Das ist bitter nötig, denn in Sachen Selbstvertrauen war es beim VfL eher katastrophal bestellt. Nach der bitteren 1:10-Niederlage beim VfL Nagold war nahezu der letzte Rest davon flöten gegangen. „Diese Niederlage hat jeden von uns ins Mark getroffen“, sagt Bühler.
Womöglich ist aber eben jenes Debakel der Wendepunkt hin zum Guten. Trainer, Mannschaft und die Verantwortlichen der Abteilung saßen am Dienstag nach der Partie in Nagold zusammen, redeten Tacheles. Bühler: „Ich habe das Gefühl, dass die Mannschaft danach enger zusammengerückt ist. Jeder Spieler hat sich noch mehr engagiert und hat noch konzentrierter gearbeitet.“ Jeder Spieler hat mithin endlich den Ernst der Lage erkannt. „Man muss die Situation annehmen und erkennen und darf sich nicht auf irgendwelchen Lorbeeren ausruhen“, betont Bühler, „wenn man die Situation zu spät erkennt, wird es gefährlich.“ Mitunter besteht eine erhebliche Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen dem tatsächlichen Leistungsvermögen und dem selbst vermuteten. „Ich sehe das als ein generelles Thema, allgemein ist aus meiner Sicht in der Gesellschaft die Selbsteinschätzung etwas verloren gegangen“, sagt Bühler.
Der Co-Trainer zeigt jetzt nicht etwa mit dem Finger auf andere, er nimmt sich auch selbst in die Pflicht, und das durchaus selbstkritisch. Er fehlte berufsbedingt und aus privaten Gründen in einigen Spielen des VfL, Trainer Benjamin Maier musste somit auf einen seiner Leistungsträger verzichten. „Ich nehme mich bei der Kritik überhaupt nicht aus“, sagt Bühler. „Du musst vorangehen, ich brauche dich auf dem Platz“, das sagte der Coach Benjamin Maier im Rahmen der Aussprache. „Ich bin nicht zu hundert Prozent zufrieden“, so schätzt Bühler seine eigene Leistung ein, die Tendenz gehe in die richtige Richtung. Das trifft ebenso auf die Mannschaft zu. Die Spieler feuerten sich zuletzt gegenseitig an, sie kämpften „Schulter an Schulter“, es war mehr Leben in der Mannschaft, die Kommunikation war verbessert. Benjamin Maier war der entscheidende Grund, warum Bühler in der Sommerpause zum VfL Herrenberg wechselte. Bühler kennt Maier aus der gemeinsamen Nagolder Zeit, beide trainierten gemeinsam ein halbes Jahr den VfL Nagold II und bewahrten das Team vor dem Abstieg. „Auf Bennys Fähigkeiten lasse ich nichts kommen“, sagt der 27-Jährige, „ich kann bei ihm unheimlich viel lernen.“ Zumal er eng eingebunden werde in den Trainingsablauf. Gemeinsam denken sie über taktische Varianten nach, über die Aufstellung. Bühler: „Letztlich hat Benny natürlich das letzte Wort.“ Bühler, der in Walddorf, einem Stadtteil von Altensteig, wohnt, will ins Trainergeschäft einsteigen. Schon immer habe es ihm Spaß gemacht, über Spielsysteme nachzudenken und darüber, wie das System eines Gegners zu knacken sei. Und es mache ihm Spaß, junge Spieler in deren Entwicklung zu unterstützen, die Feinheiten des Fußballs zu erklären und beizubringen.
In den vergangenen beiden Partien haben die Einstellung, die Bereitschaft, die Zweikämpfe anzunehmen und die Laufbereitschaft gepasst bei den Herrenberger Kickern. Daran muss der VfL am Sonntag in der Partie gegen den SV Breitenberg/
Martinsmoos (15 Uhr) anknüpfen. Der Aufsteiger hat schon zehn Punkte gesammelt und erst sechs Gegentore kassiert. Bühler: „Breitenberg kommt ja aus meiner Gegend, ich kenne den Gegner. Die Mannschaft wird sich zerreißen und alles versuchen, um zu punkten. Wenn wir das nicht annehmen, werden wir Probleme bekommen.“
Der zweite Sieg nacheinander ist das Ziel des VfL Herrenberg. „Wir haben die ersten beiden Schritte in die richtige Richtung gemacht, jetzt muss der dritte Schritt folgen“, sagt Bühler, der sich nicht zu lange mit dem Grübeln aufhalten will, vielmehr richtet er den Blick „nach vorne“. THOMAS OBERDORFER
Der VfL Herrenberg empfängt im Heimspiel den SV Breitenberg/Martinsmoos auf dem Kunstrasen. Alle Begegnungen der Liga gibt es unter der Rubrik „Sporttermine am Wochenende“.