Stiftungsrat berät über „Abberufung“

Der Konflikt zwischen der Samariterstiftung und dem ehemaligen Gärtringer Bürgermeister Hans Drexler, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Stiftungsrates, nimmt weiter an Schärfe zu: Der Stiftungsrat kommt demnächst zusammen, um darüber zu beraten, ob Hans Drexler aus seinem Amt „abberufen“ wird.

Von Konrad Buck

Lesedauer: ca. 3min 10sec
Der Umbau im Samariterstift soll im Sommer beginnen GB-Foto: Vecsey

Der Umbau im Samariterstift soll im Sommer beginnen GB-Foto: Vecsey

Der Streit hatte sich an der Frage entzündet, welche Wohnform praktiziert werden soll, wenn das Samariterstift umgebaut sein wird (der „Gäubote“ berichtete). In der vergangenen Woche wandte sich Hans Drexler mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit, griff dabei die Samariterstiftung scharf an und warf ihr „primitives Mobbing“ vor. „Ich mache nur korrekt meine Arbeit“, wehrt sich Dr. Eberhard Goll, Altenhilfe-Vorstand bei der Samariterstiftung, gegen diese Vorwürfe. Er betont, dass man mit Hans Drexler über Jahre hinweg ein gedeihliches Verhältnis gepflegt habe; der ehemalige Bürgermeister gehört dem Stiftungsrat bereits seit zwölf Jahren an. Kein Verständnis hat Goll allerdings für die jüngste Eskalation, für die er den ehemaligen Gärtringer Bürgermeister verantwortlich macht. „Der Umbau des Gärtringer Samariterstifts war mehrfach Thema, und zu allen Punkten gibt es eindeutige Beschlüsse. Der Umbau ist längst beschlossen“, betont der Altenhilfe-Vorstand. Er verweist zudem auf einen Bescheid der Heimaufsicht, die den Umbau geprüft und in der beabsichtigten Form genehmigt habe. Bis zum 28. Februar 2022 muss die Samariterstiftung die Vorgaben der Landesheimbauverordnung vollständig erfüllen; bis dahin hat das Landratsamt Böblingen als Heimaufsicht dem Betreiber eine Befreiung erteilt. Das Heim hat derzeit 63 Einzel- und sechs Doppelzimmer. Der erste von fünf Bauabschnitten soll im Sommer beginnen.

Künftig gibt es drei 11er-
und drei 14er-Gruppen

Inhaltlich geht es bei dem Streit vor allem um die Frage, welches Gruppenmodell im Samariterstift künftig praktiziert werden soll. Während sich Hans Drexler für das Hausgemeinschaftskonzept einsetzt, wollen die Samariterstiftung und der Stiftungsrat am bestehenden Wohngruppenmodell festhalten. Beim Hausgemeinschaftskonzept leben die Senioren in familienähnlichen Wohngemeinschaften zusammen, teilen sich Hausarbeit und Freizeit, kochen zusammen und erleben den Alltag gemeinsam, unterstützt von Alltagsbegleitern, die als persönliche Ansprechpartner dienen. Eine Zentralküche gibt es bei diesem Konzept – anders als in Gärtringen – nicht mehr. Die Samariterstiftung will in Gärtringen dagegen an der Zentralküche und an den Wohngruppen festhalten, die nach dem Umbau aber modifiziert werden sollen: Statt bislang drei Einheiten mit jeweils 25 Personen sollen nach dem Umbau jeweils drei 11er- und drei 14er-Gruppen gebildet werden. Damit käme man dem Hausgemeinschaftsmodell bereits nahe, so die Sichtweise von Dr. Eberhard Goll. Das neue Konzept beinhalte auch sechs dezentrale Küchen und gemeinsame Aktivitäten wie Backen, Kochen und Singen. Goll verweist zudem darauf, dass man mit den 11er- und 14er-Gruppen die Regularien der Landesheimbauverordnung „übererfüllen“ würde, denn diese Verordnung gestatte auch 15er-Einheiten.

Der Stiftungsrat der Samariterstiftung kommt demnächst zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. „Es geht um das Verhalten von Hans Drexler und die nötigen Konsequenzen“, sagte Brigitte Lösch; die Grünen-Landtagsabgeordnete amtiert als Vorsitzendes dieses Gremiums. Sie liegt in diesem Konflikt ganz auf der Linie des Vorstands: „Das ist eine persönliche Geschichte von Herrn Drexler, er wird von uns auch nicht gemobbt. Sein Verhalten widerspricht den Anforderungen und Kompetenzen eines Stiftungsrats“, betont die Diplom-Sozialpädagogin und wirft dem ehemaligen Gärtringer Bürgermeister vor, „sich unsolidarisch zu verhalten und seine Kompetenzen zu überschreiten“. Auch Brigitte Lösch verweist darauf, dass sich der Stiftungsrat schon mehrfach mit dem Umbau des Gärtringer Samariterstifts beschäftigt und eindeutige Beschlüsse dazu gefasst habe: „Im Mai 2019 hat der Stiftungsrat einstimmig – mit einer Enthaltung – dem Umbau zugestimmt, der Stiftungsrat steht also einstimmig hinter dem Modell des Vorstands, alle – bis auf Herrn Drexler – sind sehr zufrieden.“ Am Gärtringer Wohngruppenmodell hat die Landtagsabgeordnete nichts auszusetzen: „Es gibt in der pflegerischen Qualität keine Unterschiede und Abstriche.“

Der Stiftungsrat tritt zusammen, wenn ein Mitglied des Vorstands oder drei Mitglieder des Stiftungsrats eine solche Zusammenkunft beantragen. Im vorliegenden Fall haben laut Angaben von Brigitte Lösch zwei Drittel des Stiftungsrates eine außerordentliche Sitzung befürwortet. Dabei wird es um die Frage gehen, ob Drexler aus seinem Amt „abberufen“ werden soll.

Der ehemalige Rathaus-Chef fühlt sich dem Gärtringer Samariterstift weiterhin sehr verbunden, zumal der Bau und die Eröffnung (1996) dieser Einrichtung in seine Amtszeit gefallen waren und dabei auch diverse, nicht ganz einfache Themen zwischen Gemeinde, Landkreis und Samariterstiftung zu klären waren. „Man will mich loswerden. Wenn man dem Vorstand widerspricht, wird man weggemobbt“, kommentiert Drexler den Gang der Dinge.

Zum Artikel

Erstellt:
10. März 2020

Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.