Trainingsanzüge sind mehr als bloßer Stoff
Fußball: Die Mitglieder des Inklusionsteams des Sportvereins Deckenpfronn freuen sich über die Wertschätzung, die ihnen im Club entgegengebracht wird
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Mit den neuen Trainingsanzügen wird die Bindung an den SV Deckenpfronn noch deutlich sichtbarer GB-Foto: Jenny Schwartz
Stolz treten die Fußballspieler der Inklusionsmannschaft des SV Deckenpfronn in ihren brandneuen, grünen Trainingsanzügen aufs Spielfeld. Was für andere Leute vielleicht nur ein bisschen Stoff ist, bedeutet für das Team viel mehr. Die Trainingsanzüge zeigen nämlich: Wir gehören dazu.
Die Inklusionsmannschaft wurde eigentlich bereits in den 70er Jahren von der GWW (Gemeinnützige Werkstätten und Wohnstätten) ins Leben gerufen. Seit 2014 trainieren die Fußballspieler der GWW auch gemeinsam mit Schülern des Maria-von-Linden-Gymnasiums Calw als sogenannte Unified-Mannschaft. Im Jahr 2016 nahm schließlich der SV Deckenpfronn das Team als dritte Mannschaft unter seine Fittiche und zeigt seitdem, was gelebte Inklusion bedeutet. Bei Spielen tritt das GWW-Inklusionsteam bereits in Vereinstrikots auf. Mit den Trainingsanzügen soll nun aber auch bei Turnieren und Veranstaltungen eine neue Einheitlichkeit geschaffen werden. „Die dritte Mannschaft ist im nächsten Jahr voraussichtlich bei den nationalen Spielen in Berlin dabei“, erklärt Monika Reichert, Ehrenamtsbeauftragte des SV Deckenpfronn. „Wir sind stolz auf unsere Mannschaft bei dem Gedanken, wie sie in Berlin geschlossen in ihrem grün-schwarzen Outfit einmarschieren.“
Die Spieler wissen diese Geste seitens des Vereins zu schätzen. „Ich habe mein Leben lang davon geträumt, in einem Verein spielen zu dürfen“, erzählt Stefan Eitner. Zwar kickt der 46-Jährige schon seit Jahren für die GWW, doch durch den Trainingsanzug ist die Verbundenheit zum SV Deckenpfronn für ihn noch mal gestiegen. Auch Co-Trainer Martin Röhm freut sich, dass die Mannschaft nun auch auswärts Farbe bekennen kann. „Das ist besonders schön, wenn wir irgendwohin gehen und jeder sieht, dass wir zusammengehören“, meint der Stammheimer.
Die Übergabe der Trainingsanzüge ist für die Inklusionsmannschaft ein weiterer Schritt in eine positive Zukunft. Vor allem, da hinter den Teammitgliedern ein hartes Jahr liegt. Die Corona-Pandemie hatte den Trainingsbetrieb von Oktober 2020 bis Juni 2021 komplett lahmgelegt – ein Albtraum für das fußballbegeisterte Team. „Mir hat der Sport sehr gefehlt“, gibt Stefan Eitner zu. „Vor allem das Gemeinschaftsgefühl.“ Auch die anderen Mannschaftskameraden hatten unter der Pause zu leiden, was auch Trainer Dieter Decker nicht entgangen ist.
Damit die Inklusionself nicht ganz auf Fußball verzichten musste, organisierte er deshalb kurzerhand einen Kurs über Fußballregeln, für den die Teammitglieder ein Zertifikat erhalten konnten. „Da die Mitglieder aus verschiedenen Regionen kommen, bin ich für den Kurs in jede Region einzeln gefahren“, erzählt er. Ein ziemlicher Aufwand. „Aber ich wollte, dass die Jungs merken, dass wenigstens irgendwas gemacht wird und es wieder aufwärtsgeht.“ Der Kurs selbst sei darüber hinaus sehr erfolgreich gewesen: „Eigentlich sollte so was auch in allen anderen Mannschaften Standard werden.“
Inzwischen darf das Training unter Einhaltung der 3G-Regel und verschiedenen Hygienemaßnahmen zum Glück wieder regulär stattfinden. „Als bekannt wurde, dass wieder trainiert werden kann, sind mir einige fast um den Hals gefallen“, berichtet Sven Herty, GWW-Standortleiter Nordschwarzwald. Auch Dieter Decker erinnert sich gut an die Wiedersehensfreude: „Da war richtig Feuer dahinter, man hat gemerkt, die wollen wieder.“
Im September konnte die Mannschaft sogar bereits wieder erste Turniere bestreiten. Und ist daraus ziemlich erfolgreich hervorgegangen. Bei den Sportvergleichswettkämpfen der Sportkreise Calw, Freudenstadt und Pforzheim in Dobel wurden die GWW-Kicker beispielsweise Turniersieger – und das ohne Gegentor. Die Unified-Mannschaft mit dem Maria-von-Linden-Gymnasium belegte beim baden-württembergischen Unified Cup in Hoffenheim außerdem den vierten Platz.
Für den Coach war dieser turnierreiche Monat allerdings mit einer Menge Arbeit verbunden. „Man schüttelt so was nicht mehr so aus dem Ärmel wie früher“, gibt er zu. Deshalb sucht Dieter Decker auch langfristig gesehen nach einem Nachfolger, der das Traineramt der Inklusionsmannschaft irgendwann übernehmen kann.
Die Mannschaft ist mittlerweile so beim SV Deckenpfronn angekommen, dass man auch auf lange Sicht gesehen dort bleiben möchte. „Jeder quatscht über Inklusion, aber hier wird sie gelebt“, so Dieter Decker. Der SVD behandle das Inklusionsteam von Vereinsseite aus wie eine ganz normale, dritte Mannschaft. Denn auch dort ist man stolz auf seine Spieler. „Auf dem Sportplatz sind die Kicker gern gesehen, beim Deckenpfronner Hallenturnier darf die Mannschaft sogar stets ein Einlagespiel bestreiten. „Die Jungs fühlen sich hier richtig wohl“, betont Dieter Decker. „Und durch die Trainingsanzüge wird das noch mal verstärkt.“