Von Berlepsch, Brettacher und Boskop

Berlepsch, Zabergäu-Renette, Jakob Fischer, Haux-Apfel und Brettacher sind einige der Apfelsorten, die auf den Streuobstwiesen von Achim Däuble in Kayh wachsen. Hier am südlichen Schönbuchrand sind es hochwachsende Einzelbäume, die von den Obstbauer-Familien seit Generationen gehegt werden, mit alten und neuen Sorten, mit Äpfeln für Saft oder Kuchen, oder einfach fürs pure Reinbeißen.

Von Marline Fetzer-Hauser

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„Hervorragende Lageräpfel“: Achim Däuble mit seiner alten Apfelsorte Boskop GB-Foto: Bäuerle

„Hervorragende Lageräpfel“: Achim Däuble mit seiner alten Apfelsorte Boskop GB-Foto: Bäuerle

Die Obst-Experten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg schätzen, dass die Ernte im Vergleich zum Vorjahr 30 bis 40 Prozent mehr Früchte einbringen wird. Das wären landesweit über 400 000 Tonnen, fast die Hälfte davon sind die Hauptsorten Elstar, Jonagold, Gala und Braeburn – die vielfach wieder vom Bodensee kommen werden, wo Apfelplantagen mit niedrigstämmigen Bäumen und lagerfähige Apfelsorten dominieren. Am Schönbuchrand gibt es fast ausschließlich die Streuobstwiesen, die sich im 18. Jahrhundert für den Eigenbedarf entwickelten.

Im September und Oktober holt der nebenberufliche Obstbauer Achim Däuble, der auch Fachwart für Obst- und Gartenbau ist, die Äpfel von den Bäumen, frühe Sortenbäume sind schon längst abgeerntet. Äpfel für die Saftherstellung werden vom Boden gesammelt, die Bäume zuletzt geschüttelt, Tafelobst wird von Hand abgeerntet – dessen Anteil ist aber mit rund zwei Prozent viel geringer als der von den Mostäpfeln.

Achim Däuble stammt aus Haslach, ist Maschinenschlosser und betreibt den Obstbau in Kayh mit seiner Frau Birgit seit 1996. Das Paar hat von ihren Eltern den Traditionsbetrieb Lutz mit Streuobstflächen in ebenen und in Hanglagen übernommen, rund 1,5 Hektar „verteilt rings um Kayh“, lacht Achim Däuble. „Leben kann man davon nicht“, erzählt er, man müsse es einfach „gern machen“. Die Pflege der Flächen und Bäume sei zeitaufwendig, auch die Ernte bedeute viel Arbeit. „Ich würde es nicht im Vollerwerb machen, es gibt eben gute und schlechte Jahre.“

80 bis 100 große Apfelbäume stehen auf den eigenen Wiesen, außerdem etwa gleich viele kleinere, jüngere Halbstamm-Bäume, insgesamt nahezu 20 Sorten. Zwetschgen und Kirschen kommen mit einem Anteil von rund einem Drittel dazu, die Zwetschgen gehen direkt in den Großhandel, die Kirschen werden gesondert verkauft – sie bringen am meisten Gewinn, obwohl ihre Erntemengen bei weitem nicht an die der Apfelernte heranreichen.

Bei den Apfelsorten haben die Vorfahren die Vorarbeit geleistet, hält Däuble fest. Bäume mit den älteren Sorten Brettacher und Boskop sind darunter, beides seien „hervorragende Lageräpfel“, der Brettacher zudem sehr gut geeignet zum Backen. Es gibt auch noch den sehr hohen Baum mit „Kaiser Wilhelm“-Äpfeln, erzählt Däuble, eine alte Sorte aus dem 19. Jahrhundert mit „majestätischen Riesenäpfeln“. Ansonsten hat er an alten Sorten den Welschisner, eine klimarobuste Sorte die bereits um 1600 als Zufallssämling entstanden ist, oder den orange-roten Haux-Apfel, der um 1920 aus Samen vom „Roten Trierer Weinapfel“ gezogen und 1925 ausgepflanzt worden ist (laut Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee). Und den Jakob-Fischer-Apfel, der bereits früh im Sommer geerntet wird. Seine Beliebtheit habe nachgelassen, da man ihn nicht lagern könne.

Berlepsch, Brettacher und Boskop machen den Hauptanteil der Äpfel des Familienbetriebs aus, es gibt aber auch den Rheinischen Bohnapfel und die Zabergäu-Renette als weitere alte Sorten auf den Wiesen der Familie Lutz-Däuble. Es gibt außerdem mindestens zehn Bäume, von denen „man nicht weiß, was sie sind“. Das seien lokale Sorten, die „irgendwie gezogen und veredelt wurden, vielleicht vom Urgroßvater“, so Achim Däuble.

Trend geht zu alten Sorten

Der Trend gehe heute durchaus wieder zu alten Sorten, und zu Äpfeln „mit roten Bäckle“. An neuen Sorten hat der Obstbauer selbst die Gewürzluike und Elstar angepflanzt. „Die Äpfel sind so gut wie biologisch angebaut, es wird fast nichts gespritzt“, er mache nur Austriebsspritzungen gegen Pilzkrankheiten. Das sei bei Zwetschgen und Kirschen anders, da müsse mehr Pflanzenschutz betrieben werden.

Manfred Nuber, Fachberater für Obst- und Gartenbau beim Landratsamt Böblingen, stellt fest, dass der Apfel am Schönbuchrand unter den Kulturen nur den dritten Platz einnimmt. Seit rund 80 Jahren ist die Zwetschge an erster Stelle, ihr folgt die Kirsche. „Der Apfel hat in den letzten zehn Jahren Zuwachs erhalten“ – wo alte Zwetschgenbäume gerodet wurden, wurden vermehrt Apfelbäume, Halbstamm-Sorten meist, gepflanzt – das ist auch bei Familie Däuble so. Gründe für den Apfelausbau: Die Streuobstinitiative des Landkreises mit dem „Bag-in-Box“-Angebot, meint der Fachberater. Im Sommer 1998 wurde die Landkreis-Apfelsaftinitiative gegründet, mit einem finanziellen Anreiz, um die typischen Streuobstwiesen als Kulturbiotope zu erhalten. Der Landkreis habe die Möglichkeit gefördert, Äpfel haltbar zu machen, indem ihr Saft in Beutel abgefüllt wird, die in Kartons stecken. Beim Obst- und Gartenbauverein in Mönchberg wurde dies eingeführt, inzwischen gibt es laut dem Fachberater 15 Abfüllmöglichkeiten im Bereich des Schönbuchhangs, und damit die größte Dichte in Baden-Württemberg. „Das funktioniert super“, freut sich Nuber. Er ergänzt: „In normalen Jahren werden weit mehr als eine Million Liter Apfelsaft in Bag-in-Box abgefüllt, in fetten Jahren wie 2018 können es zwei Millionen Liter sein“.

Gigantischer Wandel

Über Apfelsorten weiß er: „Da gab es immer schon einen gigantischen Wandel“, daran habe sich in den vergangenen 300 Jahren nichts geändert: es werden stets neue Sorten entdeckt und sozusagen „bessere“ neu gepflanzt. So habe der Brettacher-Apfel seit 1940 die zuvor beliebte Ontario-Sorte verdrängt, heute sei die Sorte Topaz dabei, den Brettacher zu verdrängen. Früher stand der Eigenbedarf im Vordergrund, heute werden Äpfel in größeren Mengen für die Direktvermarktung zu Saft gemacht. Brettacher, Gewürzluiken, Boskop sind die gängigsten Sorten, sowie der Newcomer Topaz, der „sehr robust und lagerfähig ist“. Als Tafelapfel bekannte Sorten seien nicht besonders häufig, da ihre Ernte von Hand aufwendig ist.

Auch Achim Däuble bringt die meisten der geernteten Äpfel in die Mosterei nach Haslach oder zu BayWa, er hat zudem Stammkunden, die Tafelobst kaufen. Er produziert auch einen Birnensecco, ganz ohne Äpfel, nur aus der „Oberösterreichischen Weinbirne“ – denn da geht es ihm wie manchen Kunden auch: Der Secco schmeckt ihm zu sehr nach herbem Most, wenn Äpfel darin sind.

Kardinal Bea

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Geheimrat Dr. Oldenburg

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BrettacherGB-Fotos: gb

BrettacherGB-Fotos: gb

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Erstellt:
19. September 2018

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