Vorreiterrolle mit dem „SmartRathaus“

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Timo Nußbaum, Leiter des Amts für Gebäudemanagement (von links), Norbert Borm, technischer Energiemanager, und OberbürgermeisterDr. Stefan Belz, Böblingen (hier in der Heizzentrale des Böblinger Rathauses) wollen ausloten, wie viel Energie sich mit intelligenten Maßnahmeneinsparen lässtGB-Foto: Bäuerle

Timo Nußbaum, Leiter des Amts für Gebäudemanagement (von links), Norbert Borm, technischer Energiemanager, und Oberbürgermeister Dr. Stefan Belz, Böblingen (hier in der Heizzentrale des Böblinger Rathauses) wollen ausloten, wie viel Energie sich mit intelligenten Maßnahmen einsparen lässt GB-Foto: Bäuerle

Wie man mit digitaler Steuer- und Regeltechnik Energie einsparen und damit zugleich Klima, Umwelt und Gemeindekasse schonen kann – das will die Stadt Böblingen in einem dreijährigen Modellprojekt zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und der Hochschule Biberach herausfinden. Ziel des Projekts „SmartRathaus“ ist es unter anderem, das Einsparpotenzial intelligent vernetzter Gebäudetechnik in der Praxis zu eruieren und Standards zu erarbeiten, die andere Kommunen für die Optimierung ihres eigenen Energiemanagements nutzen können. Böblingen wurde als eine von bundesweit fünf Kommunen für das Projekt ausgewählt und übernimmt diese Vorreiterrolle mit Enthusiasmus. „Ich freue mich sehr, dass unsere Bewerbung erfolgreich war. Das Projekt „SmartRathaus“ knüpft nahtlos an unsere Klimaschutzaktivitäten an“, erklärt Oberbürgermeister Dr. Stefan Belz, der die Teilnahme initiiert hatte. „Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen und ausloten, wie viel Energie sich mit intelligenten Maßnahmen einsparen lässt. Und nicht zuletzt wollen wir andere Kommunen an unseren Erfahrungen teilhaben lassen.“

Im Rahmen des Projekts sollen drei sehr unterschiedliche öffentliche Gebäude optimiert werden: die Kindertagesstätte in der Goethestraße, das Albert-Einstein-Gymnasium sowie das alte und neue Rathaus. Die erst 2015 eröffnete Kita weist als modernes, nach aktuellen Standards errichtetes Gebäude schon einen hohen Automationsgrad auf. Hier soll es deshalb vor allem darum gehen, die Nutzererfahrung zu verbessern. „Die Kita ist ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht reicht, nur den neuesten energetischen Stand umzusetzen, sondern dass dieser auch auf die Nutzerbedürfnisse abgestimmt werden muss“, erklärt Natalie Kopestenski, Energiemanagerin der Stadt Böblingen. Im Gegensatz dazu ist bei dem in den 1960er Jahren errichteten Albert-Einstein-Gymnasium (AEG) in Sachen Energieeffizienz noch sehr viel Spielraum. Die luftige, mit viel Glasfläche versehene Gebäudehülle eignet sich nicht gut für Dämmungsmaßnahmen, weshalb der Schwerpunkt hier auf der Gebäudeautomation liegen wird. „Das Gymnasium wurde gebaut, als der Liter Heizöl sieben Pfennig kostete und sich niemand Gedanken übers Energiesparen machte. Im Winter ließ der Hausmeister damals die Heizung einfach durchlaufen“, nennt Norbert Borm, der seit über 25 Jahren für das technische Gebäudemanagement der Stadt Böblingen zuständig ist, ein eindrückliches Beispiel für die Auswirkung des Nutzerverhaltens auf das Resultat. „Man kann viel Energie einsparen, wenn man den Nutzern die Energie nur dann zur Verfügung stellt, wenn sie auch tatsächlich gebraucht wird“, erklärt Borm weiter. Am AEG gibt es dafür bereits Ansätze: In den Klassenzimmern können die Lehrer mit einem Knopfdruck die Raumtemperatur für die Dauer des Unterrichts von Basis- auf Komfort-Temperatur erhöhen und nach Unterrichtsende wieder herunterfahren. Mit intelligenter Vernetzung und Automation lässt sich dieser Vorgang indes noch deutlich optimieren. Als Dritte im Bunde sind die beiden Rathaus-Gebäude Bestandteil des Projekts. Teilbereiche des neuen Rathauses sind bereits mit intelligenter Steuerung ausgestattet, die etwa die Heizung entsprechend der Raumnutzung reguliert. Hier sind zudem umfangreiche Sanierungsmaßnahmen geplant.

Dank dieses repräsentativen Querschnitts an kommunalen Gebäuden eignet sich Böblingen bestens als Modellgemeinde. Anhand der hier gemachten Erfahrungen wollen die DUH und die Hochschule Biberach Standards erarbeiten, die ähnlich wie Energieausweise auf andere Kommunen übertragbar sind. „Die Stadt Böblingen hat Potenzial, über moderne Regelungstechnik Energie einzusparen. Wir sind auf der Suche nach intelligenten Steuerungsmaßnahmen, mit denen wir erreichen können, dass wir in unseren Gebäuden nur dann Energie zur Verfügung stellen, wenn sie gerade wirklich benötigt wird“, erläutert Timo Nußbaum, Amtsleiter des Bereichs Gebäudemanagement. „Dabei starten wir nicht bei null, in diesem Bereich wurde schon einiges getan.“ So werden die Energieverbräuche bereits jetzt gemessen und arbeitsintensiv manuell eingepflegt. Auch der gezielte Einsatz von Energie ist natürlich nicht neu. Neu soll dagegen der Grad der Effizienz sein, den ein exaktes, zentrales Steuerungssystem für alle Gebäude mit sich bringen kann. „Idealerweise misst das System nicht nur Lastverlauf und genaue Verbräuche und zeigt damit Probleme und Potenzial auf, sondern schlägt auch Alarm, sobald eine Abweichung eintritt“, erklärt Norbert Borm.

Das Projekt ist noch am Anfang, eine detaillierte Ist-Aufnahme der bestehenden Technik wurde bereits vorgenommen. Im nächsten Schritt sollen jeweils passgenaue Empfehlungen für mittel- und langfristige Maßnahmen erarbeitet werden, die auch auf andere Kommunen übertragbar sein werden. Denn in vielen Kommunen verschlingen Heizung, Lüftung, Kühlung und Beleuchtung der öffentlichen Gebäude Unmengen an Energie.

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Erstellt:
31. Oktober 2018

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