„Wie jeder andere Verein brauchen wir jedes Kind“

Das Training der SG Nebringen/Reusten findet schon länger in der Entringer Sporthalle statt. Am Wochenende veranstalteten die Handballer nun zum ersten Mal einen Heimspieltag in der neuen Sportstätte. Den Einstand krönte die erste Frauenmannschaft mit einem umjubelten knappen Sieg gegen den TSV Betzingen.

Von Berkan Cakir

Lesedauer: ca. 3min 44sec
Von der Empore in der neuen Sporthalle in Entringen (rechts) sind die Zuschauer etwas näher an das Spielfeld herangerückt GB-Fotos: Schmidt

Von der Empore in der neuen Sporthalle in Entringen (rechts) sind die Zuschauer etwas näher an das Spielfeld herangerückt GB-Fotos: Schmidt

Da staunten einige langjährige Anhänger der SG Nebringen/Reusten nicht schlecht, als Steffi Halm (GB-Foto: gb) plötzlich in Handballschuhen aufkreuzte, die sie eigentlich vor mehr als zehn Jahren an den Nagel gehängt hatte. „Ich habe schon länger Lust, wieder zu spielen“, meinte Halm. Die Lkw-Truck-Rennfahrerin hatte bereits ein paar Mal bei den „Alten Damen“ trainiert, bevor die Trainerin der Aktivenmannschaft, Melanie Schittenhelm, die Reustenerin fragte, ob sie am Wochenende gegen den TSV Betzingen nicht aushelfen könnte. Spontan sagte die Ex-Handballerin zu. Als sie sich nun am Samstag zum Umziehen in die Kabine begab, merkte Halm gleich, dass sich einiges bei der SG verändert hat: „Da waren zwei unserer jüngeren Spielerinnen in der Umkleide. Die haben mich nicht gekannt und sagten mir, die Betzinger seien zwei Kabinen weiter“, erzählte Halm amüsiert.

Auch die neue Heimstätte war für die Rennfahrerin, die zu ihrer aktiven Zeit in der Nebringer Halle auflief, etwas ungewohnt. Zum ersten Mal fanden die Heimspiele der SG in der neuen Entringer Halle im Alemannenweg statt. „Das ist eine sehr schöne Halle mit einem einwandfreien Spielfeld“, zeigte sich Halm begeistert. Letzteres konnte die Rennfahrerin, die als Back-up auf der Bank saß, zwar nur für ein paar Minuten testen, hatte aber dennoch einen kleinen Anteil am einzigen Sieg einer SG-Mannschaft an diesem Tag.

Die dritte Garde der Männer verlor am Mittag gegen den TSV Betzingen II mit 22:24, die Zweite unterlag gegen den HSG Böblingen/Sindelfingen III denkbar knapp mit 27:28 und das Bezirksliga-Team spielte im Derby vor rund 250 Zuschauern gegen die aufstiegsambitionierte HSG Böblingen/Sindelfingen II 23:26. Lediglich die Frauen schlugen den TSV Betzingen in einem spannenden Spiel mit 25:22 und krönten damit die im Verein lang herbeigesehnte Hallenpremiere.

Bereits seit den 1970er Jahren stand das Versprechen für eine handballgeeignete Halle im Raum. Martin Gesk, der Vorsitzende des TGV Reusten, hatte daher Grund genug bei seiner Einweihungsrede von einem „historischen“ Spieltag zu sprechen. „Schon unsere Väter hatten sich auf die Halle gefreut“, so Gesk. Er selbst habe immer gehofft, noch in einer eigenen Halle spielen zu können. „Jetzt hab’ ich es aber knapp verpasst.“ Er freue sich, dass die Kinder und Enkelkinder nun endlich „richtige Heimspiele in Ammerbuch austragen dürfen“. Die mittlerweile 25 Jahre alte SG Nebringen/Reusten sei auch ein Ergebnis dieser langen Wartezeit: „In Nebringen gab es eine schöne große Halle, aber nicht genügend Handballer. In Reusten war es andersherum. Da gab es viele Handballer, aber immer nur die kleine Turnhalle“, erzählte Gesk. Da sei es nahegelegen, dass sich die zwei Vereine zusammenschlossen – auch wenn sie einst Erzrivalen gewesen sind. „Unsere Kids sind heute, wenn man sie fragt, nicht mehr beim TGV Reusten oder beim TV Nebringen, sondern sie sind in der SG.“

Christel Halm, Ammerbuchs Bürgermeisterin, war zehn Jahre lang Ortsvorsteherin in Reusten. Sie kennt die Sehnsucht nach der Halle nur zu gut. „Es war eine schwere Geburt, bis wir die Halle hatten“, sagte sie in ihrer Ansprache. Dennoch sei die Halle nicht perfekt und einige Details könnten eventuell noch verbessert werden. Die Anzeigetafel beispielsweise ist nicht von allen Tribünenseiten komplett zu sehen, weil die etwas tief hängende Trennwand die Sicht nimmt. Geschmackssache ist auch der Farbanstrich in den Umkleidekabinen in (wahlweise) türkis, lila und grellem Giftgrün. „Ein wenig gewöhnungsbedürftig“, kommentierte Gesk die Farbgebung. Hinzukommt ein Punkt, mit dem sich die Handballer dauerhaft arrangieren müssen. Die schmale Tribüne mit Sitzplätzen geht in Entringen nur bis etwa zur Hälfte des Spielfelds. Der Rest sind Stehplätze. Am Eröffnungsspieltag war die Halle mit stets um die 200 Gäste rappelvoll. Bei Topspielen rechnen die Handballer aber mit mehr Zuschauern. „Wenn die Halle so voll ist, sind wir eingeschränkt. Bei Derbys wie gegen Herrenberg werden wir schauen, dass wir sie in Nebringen austragen“, sagte Regine Hörrmann. Dort bietet der Zuschauerraum mehr Platz, wenngleich die Handballabteilungsleiterin des TGV anmerkte, dass die Spielstätte in Entringen stimmungstechnisch ihre Vorteile habe, da die Zuschauer trotz Empore näher am Spielfeld seien.

Für Hörmann bedeutet die neue Halle in erster Linie aber eine Menge Erleichterung. Die Trainingsplanung geht ihr jetzt leichter von der Hand. In Nebringen musste die Hermann-Wolf-Halle jeden Dienstag und Donnerstag für die aktiven Mannschaften geteilt werden. „Das war nicht optimal, jetzt haben wir zumindest mehr Möglichkeiten“, sagte Hörmann.

Noch einen weiteren Vorteil hat die Entringer Halle. Für Daniel Heckel ist sie eine Art Magnet: „Mit einer neuen Heimhalle gewinnt der Handballsport einen weiteren Standort“, sagte der Leiter der SG Neb-
ringen/Reusten. „Das ist wichtig für die Nachwuchsgewinnung. Auch wir stehen da natürlich wie jeder andere Verein unter Druck und brauchen jedes Kind“, so Heckel. Er hofft, dass durch die Halle in Ammerbuch und der näheren Umgebung die Begeisterung für den Sport entfacht wird.

Zumindest bei Steffi Halm hat die Halle schon einmal Wirkung gezeigt. Ihre Erinnerungen der Aktivenzeit hängen zwar an der Nebringer Sporthalle. Aber sie schloss damit nicht aus, auch künftig am Alemannenweg mit der ersten Frauenmannschaft aufzulaufen – vorausgesetzt der Lkw-Rennkalender erlaubt es. „Ich hoffe, dass die Spielerinnen mich dann das nächste Mal erkennen, wenn ich in die Kabine komme“, meinte sie lächelnd.

Gewöhnungsbedürftig: Im giftgrünen Ambiente der Umkleidekabine kann Marc Büchsenstein (stehend), Trainer der ersten Männermannschaft, sein Team künftig auf das bevorstehende Handballspiel einstimmen

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Steffi Halm

Steffi Halm

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Erstellt:
3. März 2020

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